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Duisburg: Innovationsbrücke nach China

Container aus China in Duisburg
Foto: Yang Lu

Bereits 1982 hatten Duisburg und Wuhan die erste chinesisch-deutsche Städtepartnerschaft geschlossen. Selbst in der Corona-Krise unterlag die Partnerschaft keinem „Lockdown“. Duisburg führte als erste deutsche Stadt eine Spendenaktion für Wuhan durch und schon kurz nach Beendigung des dortigen Ausnahmezustands kommen seit dem 14. April Züge aus der einstigen Krisenregion wieder in Duisburg an, u.a. mit medizinischen Hilfsgütern. Zunächst war es zu einem deutlichen Rückgang in der Sektion Güterverkehr aus Asien, insbesondere China gekommen. Mittlerweile normalisiert sich die Lage mehr und mehr; es verkehren wieder rund 40 Züge wöchentlich zwischen Duisburg und verschiedenen Städten Chinas. Sie transportieren Güter doppelt so schnell wie auf dem Seeweg, aber nur halb so teuer wie Luftfracht. Diese Verbindung, der weltgrößte Binnenhafen und das große Einzugsgebiet von Duisburg im Herzen Europas wecken das Interesse chinesischer Unternehmen.

Container aus China werden in Duisburg auf ein Frachtschiff verladen.
Duisburger Innenhafen: Containerumschlag 2019 von ca. 4,0 Mio. TEU; Foto: Yang Lu

Duisburg-China nach Fahrplan

Diese Punkte führten auch dazu, dass sich die China Railway Container Transport Corp. Ltd. (CRCT) in Duisburg ansiedelte. Dabei waren verschiedene Institutionen behilflich, vor allem die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Duisburg (GFW Duisburg). Deren Geschäftsführer, Ralf Meurer, erläutert: „Mit der Ansiedlung dieses Schlüsselunternehmens hat Duisburg gute Karten, weitere chinesische Zulieferer und Kunden an den Standort zu binden. Inzwischen haben sich etwa 100 chinesische Unternehmen, Verbände und Institutionen in Duisburg angesiedelt.“ Die chinesischen Ansiedlungen in Duisburg findet aktuell in den unterschiedlichsten Branchen statt; besonders beliebte Themen sind E-Commerce, Logistik oder der Bereich Digitalisierung.

Frau Kai Yu, die zuständige Mitarbeiterin der GFW Duisburg für China seit 2017, hat mittlerweile rund 40 chinesische Unternehmen erfolgreich angesiedelt. Sie war es auch, die CRCT von Anfang an begleitet hat. „Wir nehmen den Kontakt zu den Unternehmen auf und geben ihnen die notwendige Unterstützung bei der Ansiedlung, besonders bei der Immobilienvermittlung oder bei ausländerrechtlichen Angelegenheiten und relevanten Behördengängen“, schildert sie ihre Aufgaben. „Und wir bleiben der Ansprechpartner für alle weiteren Fragen. Im Fall von CRCT konnten wir die Büros im Volksbank-Gebäude vermitteln. So haben wir ein fünftes chinesisches Unternehmen am Standort Innenhafen.“

Bereits 2015 war hier das erste chinesische Unternehmen angesiedelt worden: NGC, ein Global Player für Getriebe- und Antriebstechnik. Es bleibt die bisher größte chinesische Direktinvestition in Duisburg. Mit dem Plateno 7 Days Premium Hotel befindet sich im Innenhafen noch ein weiteres großes chinesisches Immobilienprojekt. Zukünftige chinesische Investoren finden denn auch die Unterstützung der Wirtschaftsförderung bei deren Grundstücks- und Immobilienmesse Duisburg (GIMDU) mit einem eigenen chinesischsprachigen Programmteil.

Container Richtung China werden in Duisburg auf Güterzüge verladen.
Knotenpukt Duisburg: Vom Duisport verkehren mittlerweile teils bis zu 50 Züge pro Woche nach China; Foto: Yang Lu

China Business Network Duisburg

Ebenfalls im Innenhafen erfolgte im Jahr 2016 die Gründungsversammlung des China Business Network Duisburg (CBND). Gegründet wurde damals in den Räumlichkeiten der Kanzlei PKF Fasselt Schlage, eines der Hauptinitiatoren des Vereins. „CBND hat die Aufgabe, die Chinaaktivitäten der Stadt Duisburg strategisch und nachhaltig zu entwickeln und eine Brückenfunktion für Unternehmer aus China zu bieten“, erklärt Johannes Pflug, Mitbegründer und Vorsitzender des CBND. „Unsere Aufgabe ist, chinesische Unternehmen passgenaue Dienstleistungen für deren Bedürfnisse in Duisburg anzubieten“, führt er aus. Wer die maßgeblichen Chinaakteure in Duisburg treffen will, findet sie beim CBND gebündelt. Neben Repräsentanten der Stadt Duisburg sind die Wirtschaftsförderung Duisburg, die Stadtwerke Duisburg, die Niederrheinische IHK Duisburg-Wesel-Kleve, das Konfuzius-Institut Metropole Ruhr genauso vertreten wie auch lokale Unternehmen – z.B. die Sparkasse Duisburg und die Volksbank Rhein-Ruhr. Als Geschäftsführerin des CBND agiert ebenfalls Frau Kai Yu von der Wirtschaftsförderung Duisburg.

Duisburg und China planen für die Zukunft

Wer neben organisatorischer Unterstützung auch finanzielle Förderungen sucht, wird in Duisburg ebenfalls fündig. So gibt es beispielsweise ein Welcome Package NRW für Nicht-EU-Unternehmen in Höhe von 3.000 EUR. Möglich sind auch Investitionszuschüsse bis zu 20% – in Abhängigkeit von Investitionssumme, neuen Arbeitsplätzen und Unternehmensgegenstand. Wer sich einen Überblick über die Unterstützungen von staatlicher Seite verschaffen will, kann sich auch an Wirtschaftsdezernent Andree Haack wenden. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität und wichtigen Chinaakteuren entwickelt er aktuell eine Chinastrategie für Duisburg.

Teil derselben könnte das Projekt Smart City sein. Seit drei Jahren kooperieren hier die Stadt Duisburg, die Stadtwerke Duisburg, Vertreter der Universität Duisburg-Essen und Huawei für ein klares Ziel: Man will in Duisburg die Digitalisierung möglichst vielzähliger Dienstleistungen voranbringen. Oberbürgermeister Sören Link hebt dabei die Rolle von Huawei hervor: „Huawei hat sich als verlässlicher und effektiver Partner erwiesen.“ Es bestehe aber keine einseitige Abhängigkeit von dem Telekommunikationsausrüster. Die neue Telefonanlage für das Duisburger Rathaus liefere beispielsweise ein anderer Anbieter, ergänzt Duisburger Stadtdirektor und Projektleiter Martin Murrack. Das Interesse und die Offenheit für China werden auf andere Weise gepflegt: So ging es im Herbst 2019 in der offiziellen Delegation des Oberbürgermeisters für Vertreter von Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft bereits zum fünften Mal nach China.

Unterstützung von Gründungen wird groß geschrieben

Auch wurde vor nunmehr drei Jahren unter dem Namen ESCID ein eigenes Existenzgründungsprogramm für chinesische Gründungsinteressierte ins Leben gerufen; immerhin sind an der Universität Duisburg-Essen etwa 2.200 Studenten aus China eingeschrieben. Impulse einholen und Kontakte knüpfen können Gründer aber auch auf anderen Veranstaltungen.

Duisburger Drachenbootregatta:Das Boot mit dem Duisburger Oberbürgermeister Sören Link (vorne) im Duell mit dem des chinesischen Generalkonsuls Haiyang Feng; © Hudong Xu

Zum Beispiel dem Business and Investors Forum China von Landesregierung und Wirtschaftsförderung NRW. Dieses findet mit einem anschließenden großen Chinafest im jährlichen Wechsel in einer der drei großen Niederrheinstädte Köln, Düsseldorf und Duisburg statt. Zu wichtigen steuerlichen und rechtlichen Aspekten kann man sich in chinesischer Sprache auf der regelmäßig stattfindenden Veranstaltungsreihe „PKF China Talk“ informieren. Eine ganz besondere Möglichkeit zum Austausch bietet überdies das jährliche Chinesische Frühlingsfest in Duisburg. Bei der traditionellen Drachenbootregatta im Duisburger Innenhafen sieht man die chinesischen Investoren mittlerweile mit einem eigenen Boot vertreten – angeführt vom chinesischen Generalkonsul. All diese Initiativen zeigen: Duisburg entwickelt sich immer mehr zur Chinastadt Deutschlands.


 

Zur Person

Porträt Johannes PflugJohannes Pflug ist Chinabeauftragter der Stadt Duisburg, Mitbegründer sowie Vorsitzender des China Business Network Duisburg (CBND), Vorsitzender des Kuratoriums der Ostasienwissenschaften beim Institut für Ostasienwissenschaften der Universität Duisburg-Essen, Ehrenmitglied im Konfuzius-Institut sowie stellvertretender Vorsitzender in zwei bundesweit tätigen deutsch-chinesischen Dachorganisationen.
Er agierte 15 Jahre als Vorsitzender der Deutsch-Chinesischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag.

Hella veräußert Relaisgeschäft an Hongfa

Hella verkauft Relaisgeschäft an Hongfa

Der Licht- und Elektronikspezialist Hella GmbH & Co. KGaA richtet sein Elektronikgeschäft noch stärker entlang der großen Markttrends Elektromobilität und autonomes Fahren aus. Vor dem Hintergrund wurde das bestehende Relaisgeschäft Ende letzten Jahres an den Elektronikhersteller Hongfa Ltd. veräußert. Dieser erhält ein umsatzstarkes Geschäft, denn die Lippstädter hatten im zurückliegenden Geschäftsjahr (Ende: 31. Mai) im Relaisbereich einen Umsatz in Höhe von 43 Mio. EUR erzielt.

Share- und Asset Deal in einer Transaktion

Die Transaktion umfasste zwei Unternehmen, berichtet Johannes Müller, bei Hella für M&A und strategische Partnerschaften zuständig. Die Hella (Xiamen) Automotive Electronics Co. Ltd., in einer Freihandelszone in Xiamen angesiedelt, wurde komplett veräußert. Dieses Unternehmen hatte Hella 2003 zusammen mit Hongfa als Joint Venture gegründet; 2009 hatte Hella dann die Anteile des Partners übernommen. Die Hella (Xiamen) Electronic Device Co. Ltd., ebenfalls in Xiamen ansässig, verfügt über ein breiteres Produktspektrum, besaß aber auch Relais im Portfolio. Dieser Bereich des 2011 allein von Hella gegründeten Unternehmens wurde nun ausgegliedert. „Wir haben also einen Share Deal und einen Asset Deal im Rahmen einer Transaktion umgesetzt“, beschreibt Müller.

Strategisch ist die Transaktion klar definiert: „Wir wollen uns zukünftig noch stärker auf die zentralen Zukunftsthemen der Automobilbranche konzentrieren“, sagt Dr. Rolf Breidenbach, Vorsitzender der Hella-Geschäftsführung. „Für uns sind das vor allem die Themen Elektromobilität und autonomes Fahren. Daher freuen wir uns, mit Hongfa einen erfahrenen Partner gefunden zu haben, der unser Relaisgeschäft erfolgreich weiterentwickeln wird.“ Laut Guo Manjin, Vorsitzender des Hongfa-Konzerns, könne man mit der Übernahme des Relaisgeschäfts von Hella die Marktposition als einer der weltweit führenden Relaishersteller weiter ausbauen. Anzunehmen ist, dass sich Hongfa durch die Transaktion im sehr kompetitiven Relais-Markt die Anteile eines Wettbewerbers sichern wollte.

Maßnahmenpaket vom ersten Tag an

Das Closing der Transaktion – mit einem Preis von rund 10 Mio. EUR – ist Ende letzen Jahres erfolgt. Den gesamten Prozess bezeichnet Müller als „durchaus anspruchsvoll“; insgesamt sei die Transaktion aber ohne Überraschungen verlaufen. Zwei behördliche Genehmigungen mussten eingeholt werden, einmal von der zuständigen Behörde des Wirtschaftsministeriums, eine weitere von der lokalen Regierung. „Sowohl Hongfa als auch wir haben uns von lokalen Kanzleien in diesem Genehmigungsprozess beraten lassen – das war eine gute Entscheidung“, befindet Müller. Denn die ansässigen Juristen haben die entsprechenden Anträge zielführend vorbereitet; „das alles hat nicht länger gedauert oder mehr Bürokratie gebracht als eine Transaktion hierzulande“, so Müller. Sein Tipp: Am besten auch lokale Berater ins Boot holen. Diese kennen die behördlichen Gegebenheiten vor Ort kennen und können sie einschätzen.

Im Zuge des Deals sind etwa 280 Mitarbeiter zu Hongfa gewechselt. „Ein möglichst reibungsloser Übergang stand bei uns vom ersten Verhandlungstag an ganz oben auf der Prioritätenliste“, berichtet Müller – denn das Risiko negativer Reaktionen der Belegschaft hätten den Deal ernsthaft bedrohen können.

Zwei angesehene Arbeitgeber

Als angesehener, global agierender, börsennotierter Familienkonzern genieße Hella in China einen guten Ruf als Arbeitgeber. Dort beschäftigt das Unternehmen etwa 6.000 Mitarbeitende. Daher wollte man das erfolgreiche Employer Branding auf keinen Fall durch negative News gefährden, weshalb ein Paket an Maßnahmen vom ersten Tag an umgesetzt worden sei. „Wir haben sehr offen und umfangreich mit den Arbeitnehmervertretern kommuniziert und dabei auch gleich Hongfa-Vertreter eingeladen“, beschreibt Müller die erste Maßnahme.
Auch Hongfa, ebenfalls börsennotiert und als Zulieferer zahlreicher OEMs in unterschiedlichen Branchen entsprechend zertifiziert, gilt in der Region als angesehener Arbeitgeber. In den Verhandlungen wurde selektiv Incentives vereinbart. Zugleich wurde sichergestellt, dass die bestehenden Beschäftigungskonditionen mittelfristig erhalten bleiben.

Der Deal ist vor der Corona-Pandemie verhandelt worden, und Müller denkt, dass auch zukünftig der persönliche Kontakt vor Ort von großer Bedeutung sein wird. „Gegenseitiges Vertrauen sowie ein gemeinsames Level der Offenheit sind wesentliche Erfolgsfaktoren“, bemerkt Müller. Denn seiner Erfahrung nach sei die Zurückhaltung in China selbst gegenüber den eigenen Beratern einigermaßen ausgeprägt: „Die Vertreter von Hongfa wollten viele Details selber in Augenschein nehmen, anstatt sich auf die Einschätzungen ihrer Berater zu verlassen“, hat er festgestellt.
Man müsse bereit sein, das jeweilige Tempo der chinesischen Partner mitzugehen und auch nach einem langen Verhandlungstag den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen: „Das gehört in China einfach dazu und ist auch wichtig, um eine gemeinsame Vertrauensbasis zu etablieren.“

Fazit

Das Relaisgeschäft wurde insgesamt reibungslos verkauft – nicht zuletzt, weil Hella zu Hongfa bereits seit Jahrzehnten einen engen und auch vertrauensvollen Kontakt hatte etablieren können. Dennoch mussten die Hella-Vertreter während der Verhandlungen darauf achten, dass der deutlich kleinere Verhandlungspartner immer das Gefühl hatte, auf Augenhöhe zu sein. Denn das, so Müller, sei für einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion von großer Bedeutung.

 


Kurzprofil

Hella GmbH & Co. KGaA

Gründungsjahr: 1899
Branche: Automotive
Unternehmenssitz: Lippstadt
Mitarbeiterzahl: 39.000
Umsatz 2018/19: 7 Mrd. EUR
www.hella.com

Hongfa Ltd.

Gründungsjahr: 1984
Branche: Automotive / Electronics
Unternehmenssitz: Xiamen
Mitarbeiterzahl: 14.000
Umsatz 2019: 1,2 Mrd. EUR
www.hongfa.com

Chinas Automobilsektor geht neue Kooperationen ein

Quelle: Adobe Stock; © Think b

Seit der Corona-Krise bevorzugen viele Chinesen ein eigenes Auto wegen der erhöhten Ansteckungsgefahr bei einer Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Daneben gilt insbesondere auch der Ausbau von Elektrobus- und Elektrotaxiflotten im öffentlichen Bereich als wichtiger Treiber der Markterholung in Chinas Automobilsektor. Die aktuellen Zahlen bestätigen diesen Aufwärtstrend. Nachdem der Kfz-Absatz (ohne Elektroautos) in China im ersten Quartal 2020 um mehr als 40% eingebrochen war, wird bereits seit April wieder ein Wachstum verzeichnet.

Chinas Automobilsektor – Autoverkäufe

Zu den speziellen Hilfsmaßnahmen für die angeschlagene Automobilindustrie in China zählen die Erhöhung der Pkw-Neuzulassungen in bestimmten Städten (z.B. in Shanghai, Hangzhou und Shenzhen) ebenso wie die Verlängerung der Subventionen für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb (NEV) bis 2022 oder der Erlass der zehnprozentigen Kaufsteuer.

Deutsche Automobilhersteller und -zulieferer in China

Für die deutschen Autobauer stellt China den mit Abstand wichtigsten Absatzmarkt dar. Besonders stark sind die deutschen OEMs im Premiumsegment. Im Jahr 2019 erwirtschafte Marktführer Volkswagen in China rund 40% seines weltweiten Umsatzes; auch für BMW und Daimler ist der chinesische Markt mit einem Absatz von rund 30% von wesentlicher Bedeutung. Die deutschen Automobilzulieferer erwirtschaften ebenfalls einen sehr hohen Anteil ihres Umsatzes (ca. 65%) im Ausland, wobei Chinas Automobilsektor eine besonders wichtige Rolle einnimmt. Nach wie vor besteht eine große Anzahl an Joint Ventures zwischen deutschen und chinesischen Automobilherstellern und -zulieferern.

Chinas Automobilsektor – Deutsch-chinesische Kooperation in der AutomobilindustrieJoint Venture in China: von der „Zwangsvermählung“ zur „Liebesheirat“?

Der Joint-Venture-Zwang wird in Chinas Automobilsektor seit 2018 schrittweise aufgehoben. Seit Juli 2018 sind hundertprozentige Tochtergesellschaften (WFOEs) für NEVs und Spezialfahrzeuge möglich; für Nutzfahrzeuge gilt dies seit diesem Jahr. Ab 2022 soll dann auch die Beschränkung bei der Pkw-Herstellung entfallen. Eine Kooperation mit einem chinesischen Partner in Form eines Joint Venture kann aber weiterhin von Vorteil sein – etwa, um einen besseren Zugang zu Herstellern von Elektroautos zu erhalten. Auch nach Ankündigung des künftigen Wegfalls des Joint-Venture-Zwangs kam es 2018 zu einer Welle von deutsch-chinesischen Joint-Venture-Gründungen, u.a. zwischen den Automobilzulieferern Benteler und FAW, ZF und HELI, HELLA und BHAP oder Bosch und Zhong-Lian Automotive Electronics. Das neue Foreign Investment Law (FIL) trat 2020 in Kraft und hat die drei bisherigen Gesetze über Equity Joint Ventures, Contractual Joint Ventures und Wholly Foreign-Owned Enterprises (sog. FIE Laws) aufgehoben, sodass nun das Gesellschaftsgesetz für alle Investitionsvehikel in China gilt.

Zu den wesentlichen Neuerungen des FIL gehören eine geänderte Organisationsstruktur bei Joint Ventures, die Stärkung der Entscheidungsgewalt von Mehrheitsgesellschaftern mit mindestens zwei Dritteln der Anteile sowie die Möglichkeit, mit natürlichen Personen ein Joint Venture einzugehen. Der Einfluss des chinesischen Staates auf (Technologie-)Kooperationen besteht weiterhin, auch wenn das neue FIL die Praxis des erzwungenen Technologietransfers nun offiziell untersagt. Gemäß Art. 22 FIL sollen technologische Kooperationen grundsätzlich auf fairen und freien Verhandlungen der Parteien beruhen. Der Praxistest steht hier allerdings noch aus.

Chinas Automobilsektor – Technologietransfer nach China

E-Signaturen – Hilfsmittel in Zeiten der Corona-Krise

E-Signaturen als Hilfsmittel in der Corona-Krise
Quelle: Adobe Stock, © andrew_rybalko

Überblick über die Vertretungsmöglichkeiten

Eine chinesische Kapitalgesellschaft handelt nach der Grundkonzeption des Gesetzes im Rechtsverkehr durch ihren gesetzlichen Vertreter; er kann im Namen der Gesellschaft Willenserklärungen abgeben und empfangen. Insoweit unterscheidet sich die gesetzliche Stellvertretung einer chinesischen Kapitalgesellschaft nicht wesentlich von ihrem Pendant in Deutschland.

Zusätzlich besteht in der Volksrepublik China jedoch die Besonderheit der Abgabe von Willenserklärungen der Gesellschaft durch die Verwendung spezieller Stempel. Hier ist in erster Linie der sogenannte Company Chop zu nennen. Durch dessen Anbringung auf Verträgen oder sonstigen Dokumenten kann die Gesellschaft rechtsverbindliche Erklärungen abgeben. Daneben verfügt jede Gesellschaft über einen sogenannten Invoice/Fapiao Chop zur Ausfertigung der chinaspezifischen Steuerquittungen (sogenannte Fapiaos) sowie über einen sogenannten Finance Chop, der vor allem im Rechtsverkehr mit Banken erforderlich ist. Mitunter haben Gesellschaften noch einen eigenen Contract Chop, der speziell für den Abschluss von Verträgen zur Anwendung kommt und in diesem Bereich neben den Company Chop tritt. Schließlich lassen viele gesetzliche Vertreter auch einen eigenen sogenannten Legal Representative Name Chop in Auftrag geben, der an die Stelle der Unterschrift des gesetzlichen Vertreters treten kann und damit ebenfalls zur Abgabe von Willenserklärungen „durch“ die Gesellschaft dient.

Um ungeachtet des aktuellen Aufenthaltsorts des gesetzlichen Vertreters im Rechtsverkehr Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, befinden sich die Stempel in der Regel am Sitz der Gesellschaft und werden dort entsprechend den unternehmensinternen Richtlinien verwahrt und verwendet. Die Anbringung von Stempeln auf Vertragsdokumenten unter Verstoß gegen diese internen Vorgaben (etwa unter Umgehung eines Vier-Augen-Prinzips oder einer Zuständigkeit des gesetzlichen Vertreters) ist im Außenverhältnis aber grundsätzlich unbeachtlich; der Vertrag kommt wirksam mit der Gesellschaft zustande.

Elektronische Signaturen als Alternative

Eine in China bislang in der Praxis verhältnismäßig wenig beachtete Alternative zur Verwendung von Stempeln für die Ausfertigung von Vertragsdokumenten ist der Einsatz elektronischer Signaturen. Grundlage hierfür bildet das „Gesetz der Volksrepublik China über elektronische Signaturen“ („SigG“). Das 2005 in Kraft getretene Gesetz wurde zuletzt 2019 überarbeitet und in seinem Anwendungsbereich erweitert. Nunmehr steht Unternehmen die Nutzung elektronischer Signaturen für Verträge in nahezu allen Geschäftsfeldern offen; seit der Novelle aus dem Jahr 2019 auch bei Immobilientransaktionen. Im Behördenverkehr steht diese Option, abgesehen von wenigen Ausnahmen – etwa im Bereich von Patentanmeldungen –, ausländisch-investierten Gesellschaften bislang nicht zur Verfügung.

Nach dem SigG kommt „zuverlässigen elektronischen Signaturen“ im Privatrecht die gleiche rechtliche Wirkung wie eigenhändigen Unterschriften oder Stempeln zu. Das Gesetz  stellt aber eine Reihe von Voraussetzungen auf, die eine solche zuverlässige elektronische Signatur erfüllen muss:

  • Die Signaturerstellungsdaten müssen zur Zeit der Verwendung zur Erzeugung einer elektronischen Signatur ausschließlich dem Inhaber der elektronischen Signatur zugeordnet sein.
  • Sie müssen außerdem bei der Unterzeichnung ausschließlich unter der Kontrolle des Inhabers der elektronischen Signatur stehen, und
  • schließlich muss jede Veränderung der elektronischen Signatur, des Inhalts oder der Form des elektronischen Dokuments nach der Unterzeichnung erkennbar sein.

Technologieneutralität des SigG und Public-Key-Verfahren

Das SigG ist technologieneutral formuliert, macht also keine Vorgaben zur Art und Weise der Erstellung zuverlässiger elektronischer Signaturen, solange die vorgenannten Anforderungen erfüllt sind. Es geht sogar noch einen Schritt weiter und eröffnet den Vertragsparteien die Möglichkeit, eigene Kriterien für die Verwendung elektronischer Signaturen zu vereinbaren.

In der Praxis kommen vielfach asymmetrische Kryptoverfahren zur Erstellung und Verifizierung von E-Signaturen zur Anwendung (sogenanntes Public-Key-Verfahren). Dabei wird zur Identifizierung des Unterzeichners und dessen Verifizierung auf die Dienste von speziell lizenzierten Zertifizierungsstellen -etwa die China Financial Certification Authority  – „CFCA“ oder die Beijing Certification Authority- zurückgegriffen. Deren Einbindung beim Abschluss von Verträgen unter Verwendung von ausschließlich elektronischen Signaturen wiederum erfolgt vielfach über die Betreiber sogenannter E-Contract-Plattformen, die als Dienstleister die Schnittstelle zwischen den Vertragsparteien und der Zertifizierungsstelle bilden. Zu den etablierten Anbietern in der Volksrepublik zählen etwa yunsign.com, fadada.com oder tsign.cn. Über den E-Contract-Plattform-Serviceprovider erfolgt typischerweise auch die Einbeziehung einer sogenannten Time Stamp Authority zur Verknüpfung der elektronischen Signatur mit einem Zeitstempel.

E-Signaturen als Hilfsmittel in der Corona-Krise
Schaubild zu den typischerweise Beteiligten beim Abschluss von E-Contracts

Der im Rahmen des Public-Key-Verfahrens zur Authentifizierung erforderliche private Schlüssel ermöglicht Unternehmen die Zugangskontrolle zur Nutzung des elektronischen Signaturverfahrens. Der Schlüsselinhaber kann dadurch Verträge mittels E-Signaturen ortsunabhängig im Namen der Gesellschaft abschließen. Auf diese Weise bleiben Unternehmen in Zeiten der coronabedingten Reisebeschränkungen handlungsfähig; gleichzeitig kann der Einsatz, und damit das Risiko eines Missbrauchs, von Stempeln reduziert werden.

Auch die unternehmensinternen Vertretungskompetenzen lassen sich so für die Zeit nach Corona einfacher implementieren und kontrollieren. Durch E-Signaturen lässt sich auch der gesetzliche Vertreter zukünftig häufiger unmittelbar in den Vertragsabschluss einbinden. Daneben wird der Einsatz von Stempeln freilich auch weiterhin nicht aus der unternehmerischen Praxis in China wegzudenken sein.

Fazit

Die Nutzung von E-Signaturen bietet eine interessante Alternative bzw. Ergänzung zu den üblicherweise in chinesischen Unternehmen verwendeten Stempeln. Durch das Public-Key-Verfahren lässt sich die passwortbasierte Ausfertigung von Verträgen in den Händen weniger Mitarbeiter des Unternehmens bündeln. Dadurch können auch interne Zuständigkeiten des gesetzlichen Vertreters ungeachtet eines Auslandsaufenthalts effizient und ohne Zeitverlust in der Praxis gelebt werden. Die – missbrauchsanfällige – Herausgabe und Verwendung von Stempeln lässt sich auf ein Mindestmaß reduzieren.

Mandarin Capital Partners übernimmt Klapp Cosmetics

Mandarin Capital Partners übernimmt Klapp Cosmetics
Foto: Klapp Cosmetics

Klapp Cosmetics sieht sich als Pionier in der Welt der Schönheit und als Synonym für innovative kosmetische Behandlungen, die ihrer Zeit voraus sind. 40 Jahre Erfahrung und die kontinuierliche Erforschung sowie Entwicklung neuer Hightech-Wirkstoffe und -Methoden führten stets zur höchsten Behandlungszufriedenheit, heißt es auf der Homepage. Das von Gerhard Klapp gegründete Unternehmen ist hat sich auf Premiumangebote im Kosmetiksektor spezialisiert. Weltweit bieten mehr als 35.000 Kosmetikinstitute und Hotels in 60 Ländern die Produkte aus dem nordhessischen Lichtenau an. 2019 erzielte Klapp Cosmetics einen Umsatz von ungefähr 30 Mio. EUR bei einem 50%igen Exportanteil. Das EBITDA lag bei mehr als 3 Mio. EUR.

Mandarin Capital Partners übernimmt Klapp Cosmetics
Foto: Klapp Cosmetics

Vertriebswege für asiatischen Markt optimieren

Für Mandarin Capital Partners besteht ein Ziel der Akquisition darin, über die Niederlassung in Shanghai alle Vertriebswege für den asiatischen Markt zu optimieren. Klapp Cosmetics ist bereits seit Jahrzehnten im anspruchsvollsten Kosmetikmarkt weltweit vertreten: Südkorea. Von dort bestehen gute Voraussetzungen, schnell in China zu wachsen. „Bei den Themen vor Ort, wie neue Lieferanten oder Kunden zu finden, hilft dann unser Team in China, was dann zu deutlichen Umsatzsteigerungen führen kann“, berichtet Inna Gehrt, Partnerin bei Mandarin Capital Partners. Es sei extrem wichtig, vor Ort gut vernetzt zu sein, um die richtigen Partner zu finden. Das gilt für ganz Asien, wobei natürlich China als größter Markt im Fokus steht. „Man benötigt den richtigen Partner zur richtigen Zeit und diese zu finden, ist ebenso wichtig wie schwierig.“ Das Team in Shanghai kenne die jeweilige Kultur – und es gebe keine Sprachbarriere, die beim Aufbau von Vertriebswegen in Asien zu beachten wäre.

Mandarin Capital Partners übernimmt Klapp Cosmetics
Foto: Klapp Cosmetics

Bei Mandarin Capital Partners hat man sich für den Einstieg bei Klapp Cosmetics entschieden, weil man sich den weiteren Aufbau des Vertriebs zutraut. Übernommen wurden 79% der Gruppe; 15% behält Gründer Gerhard Klapp und 6% hält das Management um CEO Reiner Engert. Die Akquisition stellt den dritten Deal für den dritten Fonds der europäischen Private-Equity-Gesellschaft dar, deren Wurzeln in Italien liegen. Klapp Cosmetics hatte sich für den Verkauf seines Unternehmens entschieden, „um die langfristige Unternehmensnachfolge und weiteres internationales Wachstum zu sichern“.

Klapp Cosmetics wächst weiter

Die inländische Produktion wird ab 2020 erweitert; alle 200 Arbeitsplätze in der Zentrale und im Vertrieb sollen erhalten bleiben und neue Stellen hinzukommen. „Für chinesische Verbraucher im hochpreisigen Segment ist es nach wie vor ein Qualitätsmerkmal, wenn die Ware aus Europa kommt. Mit dem höchsten Innovationsgrad, wie im Falle Klapp, besitzen wir eine Unique Selling Proposition, die wir auch auf Sicht behalten werden“, betont Gehrt. Diesen Aspekt von „Made in Germany“ könne man auch hervorragend für die Online-Marketing-Strategie in China nutzen, betont die Partnerin.

Mandarin Capital Partners übernimmt Klapp Cosmetics
Foto: Klapp Cosmetics

Zur Marke gehört auch Gründer Gerhard Klapp, der dem Unternehmen als Minderheitsgesellschafter und Beiratsmitglied treu bleiben will. Er plant, sich vor allem auf die Repräsentanz der Marke sowie die Forschung und Entwicklung von innovativen Produkten zu fokussieren. Aus dem operativen Tagesgeschäft wird sich Klapp vollständig zurückziehen. Es seien dennoch „viele Ideen für neue Produkte und deren Konzeption umzusetzen, um das Unternehmen auch weiterhin erfolgreich in die Zukunft steuern zu können“, so der Firmengründer.

Organisches Wachstum und Akquisitionen im Schminkbereich

Gehrt sieht Chancen für die akquirierte Firma über Asien hinaus: Klapp Cosmetics sei in Deutschland eine etablierte Marke für Hautpflegeprodukte und beliefere in erster Linie Kosmetikstudios, die die Produkte selbst nutzen und auch an Kunden verkaufen. Hier möchte man vor allem mit dem bestehenden Geschäftsmodell organisch wachsen. Darüber hinaus sind alle anderen europäischen Märkte ebenfalls sehr interessant – die Ausgaben für Hautpflege pro Kopf steigen seit Jahren kontinuierlich.

Über die finanzielle Ausgestaltung des Deals wurde Stillschweigen vereinbart. Branchenkennern zufolge wird für Kosmetikunternehmen etwa das Sieben- bis 15-fache des EBITDA bezahlt. Gehrt betont dabei, dass der Kaufpreis ganz sicher nicht am oberen Ende dieser Range wäre. Über das organische Wachstum hinaus denkt Gehrt an Zukäufe: „Hier sehen wir in Italien Potenzial für Add-ons – vor allem im Markt für Schminkprodukte, bei denen Klapp noch überhaupt nicht aktiv ist und somit durch eine Zusatzakquisition in diesem Segment das Produktangebot erweitern kann. Als Private-Equity-Investor mit italienischen Wurzeln und der Verlinkung nach China können wir in beiden Ländern viele Türen öffnen.“

Mandarin Capital Partners kauft strategisch ein

Mandarin Capital Partners kauft pro Unternehmen über die Haltedauer – die bei den beiden anderen Fonds bislang bei vier bis fünf Jahren liegt – im Schnitt noch zwei bis drei weitere Wettbewerber oder Lieferanten als Zusatzakquisitionen. Ziel ist es, dadurch das Wachstum zu erhöhen und die Wertschöpfung zu vertiefen. Die Deutschlandchefin sieht hinreichend Potenzial und Targets, um während dieser Haltedauer den Umsatz von 30 Mio. auf bis zu 100 Mio. EUR zu schrauben.

Mandarin Capital Partners übernimmt Klapp Cosmetics
Foto: Klapp Cosmetics

In Deutschland sind bisher keine Akquisitionen für Klapp angedacht – ausgeschlossen sind sie aber nicht. Der US-Markt steht einstweilen nicht im Fokus der Wachstumsstrategie für Klapp. Hier geht es darum, durch Wachstum andernorts auf dem Globus für angelsächsische Investoren oder einen strategischen Käufer wie z.B. L’Oreal sichtbar zu werden. Deshalb wird es wichtig sein, die Wachstums- und Synergiepotenziale von Klapp für das nächste Level aufzeigen zu können.

Fazit

So geht Globalisierung heute: Ein europäischer Investor kauft eine deutsche Nobelfirma in einem lukrativen Nischensegment, um mit internationalem Wachstum, unter anderem in Asien, eine interessante Story zu schreiben. Mit der kann das Unternehmen dann zum Beispiel an strategische Käufer für den nächsten Wachstumsschritt veräußert werden.


Kurzprofil – Klapp Cosmetics GmbH:

Gründungsjahr: 1979
Branche: Kosmetik
Unternehmenssitz: Lichtenau (Hessen)
Mitarbeiterzahl: 200
Umsatz 2019: ca. 30 Mio. EUR

www.klapp-cosmetics.com

5G: Wettrennen im Weltmarkt

Symbolbild 5G in China
Quelle: Adobe Stock; © Sikov

Der Kampf um Anteile im Weltmarkt 5G ist in vollem Gange. Neben chinesischen
Unternehmen wie Huawei oder ZTE oder den Skandinaviern Nokia und Ericsson versuchen
auch deutsche Spieler wie die Deutsche Telekom ein Stück vom Marktkuchen zu gewinnen.
Das Geschehen ist von Allianzen, hohen Investitionen und Kämpfen geprägt, so z.B.
US-Boykotte gegen Huawei und ZTE, die Auftragsvergaben von China Unicom an Nokia
oder die Aufrüstung aller BMW-Werke in China auf 5G. Laut GMSA werden 5G-Netze bis
2025 bereits für ein Drittel der Weltbevölkerung zur Verfügung stehen – und im Hintergrund
wird schon am Start von 6G gearbeitet. Expertenumfrage von GEORG VON STEIN

Wie entwickelt China den 5G-Standard weiter?

Claudio Chiandussi Associate Partner, EY:

China treibt den 5G-Standard mit hoher Geschwindigkeit voran. Bis 2025 wird es in China 576 Mio. 5G-Verbindungen geben. Die CAICT prognostiziert einen Anstieg der Wirtschaftsleistung infolge von 5G um 2,9 Bio. RMB, was 363 Mrd. EUR entspricht. Mit einem weltweiten Anteil von dann 41% wird China der größte globale 5G-Markt sein.

Mehrere Faktoren begünstigen dabei die 5G-Entwicklung in China: Erstens beschleunigt die chinesische Regierung insbesondere nach COVID-19 den Rollout von 5G noch mehr. Zweitens: Die hervorragende 4G-Infrastruktur in China kann man für die Bereitstellung Trends Expertenumfrage von 5G adaptieren. Drittens findet man in China sehr viele Glasfasernetzwerke, genauso wie kleine Stationen („small cells“).

Es gibt aber auch begrenzende Faktoren: Aktuell ist das 5G-Geräte-Ökosystem weniger ausgereift und Einstiegspreise für entsprechende Endgeräte sind hoch. Und 5G wird in China im Moment noch eher als eine Technologie für die größten Städte angesehen, denn für mittelgroße und kleine Städte sind Kosten für die Einführung der Glasfaserinfrastruktur noch ziemlich hoch.

Dr. Roland Rohde Chief Representative Hongkong and South-West China, Germany Trade and Invest:

Die großen Anbieter wie Huawei und ZTE werden zunächst kleinere technische Anpassungen und Verbesserungen vornehmen. Gleichzeitig werden sie ihre Abhängigkeit von ausländischen Zulieferungen, insbesondere aus den USA, reduzieren. Die USA haben bereits Lieferboykotte gegen die beiden chinesischen Firmen verhängt. Es geht ja um einen Wettstreit um Zukunftstechnologie. China denkt dabei sehr langfristig. So will es z.B. bei Halbleitern den Rückstand zu den USA und Taiwan aufholen – was allerdings ein langwieriger, risikoreicher und teurer Weg mit ungewissem Ausgang ist, denn Firmen aus USA und Taiwan lassen sich nicht einfach die Butter vom Brot nehmen. Außerdem fallen in der Halbleiterindustrie riesige Investitionssummen an, die selbst Chinas finanzielle Fähigkeiten übersteigen könnten.


Porträt Dr. Roland Rohde, Chief Representative Hongkong and South- West China, GTAIDr. Roland Rohde
Chief Representative Hongkong and South-West China, GTAI
Dr. Roland Rohde berichtet seit 12 Jahren für die GTAI (Germany Trade
and Invest) von Hongkong aus über Branchen und Märkte – Schwerpunkt
Elektronik- und IKT-Sektor – in der VR China. Er promovierte in Volkswirtschaft über die politische Ökonomie des „East Asian Miracle“
und spricht fließend Chinesisch.


Die Verschuldung der chinesischen Unternehmen ist bereits jetzt die höchste in Asien. Ich denke, man wird sich langfristig auf 6G konzentrieren, um dort dann im großen Stil globale Standards setzen zu können. Bereits jetzt werden in China Forschungslabore und -teams für 6G gegründet. Bis 6G Realität wird, wird es aber vermutlich über 2030 hinaus dauern. 5G hingegen wird zwischenzeitlich völlig neue technische Lösungen – u.a. bei Virtual- und Augmented Reality – in unterschiedlichsten Branchen ermöglichen.

Jing Li Geschäftsführerin, Youpin International:

In China ist der Staat bzw. die Partei  immer die treibende Kraft; sie schafft die Rahmenbedingungen, definiert technische Standards und entwickelt eine langfristige Strategie. Die Chinesen nennen das „ganzheitliche Betrachtung“, etwas, das in vielen Lebensbereichen eine entscheidende Rolle spielt. Konkret hat die Regierung der Cyberspace Affairs Commission die Verantwortung übertragen, das 5G-Netz in China voranzutreiben. Sie macht z.B. Vorschläge für Gesetzesänderungen oder Entwicklungspläne für ganze Industrien. Die Kommission betreibt dann in den einzelnen Regionen Büros vor Ort, die dann Umsetzungen begleiten und Berichte über die Weiterentwicklung von 5G an die Zentralregierung liefern.

Wichtig ist auch die chinesische Akademie für Informations- und Kommunikationstechnologie, unter deren Leitung die IMT-2020 5G Promotion Group und die drei größten chinesischen Telekommunikationsbetreiber Sicherheitstests für die 5G-Basisstationen und die Kernnetzausrüstung von Huawei und ZTE durchführten.

Was sind die Pläne der großen Anbieter in China, den USA und Deutschland?

Dr. Georg Beckmann Associate Partner, EY:

In China werden die Unternehmen mithilfe neuer 5G-Terminals ein breiteres Spektrum an IKT-Diensten anbieten und neue Inhalte sowie Anwendungen entwickeln. Außerdem werden sich die Preise für Endgeräte reduzieren. China Mobile – nach Kundenzahl weltweit größter Betreiber – hat kürzlich einen 5G-Auftrag im Wert von 37,1 Mrd. CNY (4,7 Mrd. EUR) größtenteils an Huawei und ZTE vergeben.

In Deutschland dominiert die Deutsche Telekom den für 5G wichtigen Glasfaser-Rollout. Laut Angaben der Telekom sollen bis Ende 2020 50% der Kunden von 5G profitieren können, weil mehr als 12.000 Antennen für den 5G-Betrieb vorbereitet sind. Für den Rollout bis 2022 müssen Anbieter, die in den deutschen 5G-Auktionen von 2019 festgeschriebenen hohen Auflagen erfüllen. Vodafone, Telefónica und 1&1 verfolgen dabei im deutschen Markt ebenfalls ambitionierte Rollout-Pläne.


Porträt Dr. Georg Beckman, Associate Partner, EYDr. Georg Beckmann, Associate Partner EY
Dr. Georg Beckmann ist Associate Partner im Strategy and Transaction
Team von EY. Nach seinem Berufseinstieg bei der Deutschen Telekom spezialisierte er sich auf die Transaktionsberatung mit Fokus auf den TelCo-Sektor und betreute zahlreiche europäische und globale PMI- sowie Restrukturierungsprojekte.


In den USA bauen alle vier zentralen Mobilfunkbetreiber – AT&T, Sprint, T-Mobile und Verizon – die 5G-Infrastruktur auf. Telekommunikationsunternehmen haben selbst während des Corona-Lockdowns Huawei, Nokia und Ericsson mit der Lieferung von 5G-Lösungen beauftragt, z.B. für Hochgeschwindigkeits-Videoübertragungen oder selbstfahrende Autos.

Dr. Roland Rohde:

Huawei, ZTE, BKK Electronics und die anderen großen Spieler werden zunächst die 5G-Netzabdeckung in China ausbauen. Erst mal werden aber wesentlich mehr 4G-Endgeräte als 5G-Smartphones verkauft. Insgesamt schwächelt der Smartphonemarkt in China 2020 noch. Wegen der schlechteren Konjunktur sitzt den Menschen das Geld nicht mehr so locker in der Tasche, zumal die Endgeräte immer teurer werden. Der staatliche Think Tank CAICT geht für den IKT-Sektor für 2021 von rund 200 Mio. 5G-Nutzern aus. Zwei Jahre später sollen es über eine halbe Milliarde sein. 2026 würde man sich der 1-Mrd.-Grenze nähern und damit dann mehr 5G- als 4G Kunden aufweisen.

Gleichzeitig haben Huawei & Co. beim Aufbau der 5G-Netze für andere Länder schon viele lukrative Verträge abgeschlossen. Doch Regierungen könnten bestehende Abmachungen aufkündigen, denn insbesondere im Westen haben die Bedenken gegenüber China und wegen möglicher Ausspionierung über 5G-Technologien zugenommen. China wird sich daher auf die Entwicklungs- und Schwellenländer konzentrieren. Hier können Huawei und ZTE mit deutlich geringen Kosten gegenüber Ericsson oder Nokia punkten. Gegebenenfalls wird China beim 5G-Ausbau auch günstige Kredite zur Verfügung stellen, wie bei der Seidenstraße-Initiative.

Jing Li:

Technologie ist das eine, Politik das andere. Die USA und später Großbritannien haben ja deutlich gemacht, dass sie aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht willens sind, 5G mit ZTE und Huawei-Technologie zu entwickeln. Vorteilhafter für eine immer kleinere Welt wäre aber eine engere Zusammenarbeit. Die Lösung für Huawei müsse laut Gründer Zhengfei Ren in zwei Richtungen gehen: Einerseits werde der Boykott als Antrieb gesehen. Wörtlich sagte er neulich in einem Interview: “Wir finden nicht genug Akzeptanz, weil wir noch nicht gut genug sind”. Andererseits fordert Ren Zhengfei mehr gegenseitiges Verständnis. Kulturelle Missverständnisse und Fehlinterpretationen führten zu Misstrauen und Abschottung. Er empfiehlt Huawei, die westliche Kultur noch besser kennenzulernen. Gleichzeitig möchte er aber auch chinesische Werte im Westen bekannter machen.

BASF Venture Capital & Evonik Venture Capital investieren in SmartAHC

BASF Venture Capital und Evonik Venture Capital investieren in SmartAHC
Quelle: Adobe Stock; © dusanpetkovic1

SmartAHC wurde 2014 von Absolventen der Technischen Universität Nanyang (Singapur) gegründet. Die Effizienz der Farmen und das Wohlergehen der Tiere stehen im Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit des Unternehmens. Insbesondere werden Geräte und Software entwickelt, die eine bessere Überwachung der Tiere erlauben. Dadurch wird beispielsweise die frühzeitige Entdeckung und Bekämpfung von Seuchen ermöglicht. Auch lassen sich darüber die Fütterung und die Gabe von Medikamenten besser und vor allem auf jedes einzelne Tier bezogen steuern. Künstliche Intelligenz und Internet of Things erlauben die Kontrolle des gesamten Tierbestandes in Echtzeit. Im Rahmen der neuesten Finanzierungsrunde haben sowohl BASF Venture Capital als auch Evonik Venture Capital in SmartAHC investiert.

Schweinezucht im 21. Jahrhundert

Weltweit werden rund 1,4 Milliarden Schweine pro Jahr konsumiert, etwa die Hälfte davon in China, was auch grob der chinesischen Jahresproduktion entspricht. Schweinefleisch ist mit Abstand das populärste Fleisch in China – rund zwei Drittel des chinesischen Fleischkonsums entfallen auf Schweinefleisch. Zeitgleich ist der Markt sehr zersplittert. Die meisten chinesischen Schweinezüchter sind kleine oder mittelständische Unternehmen. Dass SmartAHC vorerst primär große und mittlere Betriebe adressiert, hat dabei vornehmlich Marketinggründe. Prinzipiell lässt die Technologie sich in jedem Unternehmen, ungeachtet der jeweiligen Größe, implementieren. Allerdings besteht gerade bei den Großunternehmen die Bereitschaft, in technologische Neuerungen zu investieren. Gerade der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest im August des Jahres 2018 in China hat die Bereitschaft hierzu deutlich erhöht.

Bernhard Mohr, Leiter der Venture Capital-Einheit des Essener Evonik-Konzerns (Spezialchemie), Bernhard Mohr, erhofft sich von dem Investment in SmartAHC nicht zuletzt neue Erkenntnisse für das Segment Nutrition & Care des Unternehmens: „Diese Investition bietet uns Einblicke in neu entstehende Technologien, die für eine nachhaltige Tierernährung von hoher Relevanz sind.“ Markus Solibieda, Managing Director von BASF Venture Capital, wiederum sieht in der Beteiligung an SmartAHC eine gute Ergänzung des Portfolios: „SmartAHC passt gut zu unseren Investmentschwerpunkten Agrartechnologie und Digitalisierung. Außerdem ergänzen wir damit die Strategie der BASF, Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung zu fördern.“ In der Tat hat BASF in jüngster Zeit einige Investitionen in diesem Bereich getätigt, beispielsweise kaufte das Ludwigshafener Unternehmen erst Anfang Juli dieses Jahres das tschechische Unternehmen Cloudfarms, das ähnlich wie SmartAHC ausgerichtet ist.

Als drittes Unternehmen beteiligte sich die chinesische SinoAgri mit Sitz in Shenzhen an der Finanzierungsrunde. Über die Höhe ihrer jeweiligen Beteiligung ließen weder Evonik noch BASF etwas verlautbaren. Für Evonik Venture Capital ist SmartAHC nach Meditool, einem Anbieter von medizinischem 3D-Druck, die zweite chinesische Direktbeteiligung seit der Eröffnung des Shanghaier Venture Capital Büros im Jahr 2018.

Schiess Werkzeugmaschinenfabrik GmbH: Neustart mit chinesischem Investor

SCHIESS Werkzeugmaschinenfabrik GmbH: Neustart mit chinesischem Investor

Shandong Guochuang zählt zu den größten Handform-Gießereiunternehmen Chinas und der Welt. Der Mittelständler fertigt Gussteile für Windkraftanlagen, wofür spezielle Werkzeugmaschinen notwendig sind. „Dank der Übernahme durch den chinesischen Investor bleiben Know-how und Produktion am Standort Aschersleben erhalten“, freut sich Insolvenzverwalter Prof. Dr. Lucas Flöther, der den Deal einfädelte. „Eine sehr gute Nachricht ist, dass Shandong Guochuang einen bedeutenden Teil der Mitarbeiter von Schiess wieder einstellen will.“

Schiess Werkzeugmaschinenfabrik GmbH Vertimaster VMG 6
Eine Schiess Vertimaster VMG 6 für Werkstücke bis 600 Tonnen Gewicht.

Weltweiter Kundenkreis

Die Schiess Werkzeugmaschinenfabrik GmbH entwickelt und fertigt Dreh-, Bohr- und Fräsmaschinen. Diese werden als Werkzeuge von Produzenten benötigt, die damit z.B. Windkrafträder oder Turbinen herstellen. „Wir fertigen für einen internationalen Kundenkreis“, erläutert Dr. Ulrich Minkner, der als Angestellter des chinesischen Mutterkonzerns die Produktion unterstützt. „Unsere Kunden kommen aus Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau, Energiesektor, Transportwesen und Bergbau.“

Der Maschinenbauer Schiess blickt auf eine über 160 Jahre lange Tradition zurück, hatte aber immer wieder mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Seit 2004 gehörte das Unternehmen zum chinesischen Konzern Shenyang Maschine Tool Group (SMTCL).

Mitarbeiter werden wieder eingestellt

„Mit Shenyang Machine Tool war eigentlich geplant, Werkzeugmaschinen mit deutschem Engineering für den chinesischen Markt zu designen“, so Dr. Minkner. „Wegen organisatorischer Schwierigkeiten wurde dieses Konzept aber nicht umgesetzt.“ Denn ein Großteil der entwickelten Prototypen konnte in Sachen technischer Stand und Produktionskosten nicht die Anforderungen erfüllen, die der Mutterkonzern aufgestellt hatte. Da die Kosten aus dem Ruder liefen und der Gesellschafter keine Gelder mehr in die Sanierung investieren wollte, mussten die Ostdeutschen im Januar 2019 Insolvenz anmelden. Nach der Insolvenzeröffnung im April 2019 fand Prof. Dr. Flöther zunächst keinen neuen Investor, sodass der Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb stilllegen und fast allen Mitarbeitern kündigen musste – mit Ausnahme eines kleinen Teams für die letzte Produktion. Aktuell sind 63 Mitarbeiter unter der Geschäftsführung von Herrn Xin Ma bei Schiess beschäftigt; auf längere Sicht soll die Personalstärke wieder bei 80 bis 100 liegen.

SCHIESS Werkzeugmaschinenfabrik GmbH wagt Neustart mit Shandong Guouchang

Werkzeugmaschinen für Windenergieanlagen

Einen Retter zu finden war nicht einfach; verschiedene M&A-Berater stellten dann aber den Kontakt zu Shandong Guochuang her. „Die Windenergiesparte ist ein weltweit boomendes Geschäft und benötigt dafür eine große Anzahl von Bearbeitungsmaschinen“, erläutert der Investor Xianguo Fan. Die größten Klassen der Windenergiekonverter werden allerdings für die Werkzeugmaschinenbauer immer aufwendiger. „Unsere Maschinen lassen sich besonders im Multi-Megawattbereich sehr komfortabel einsetzen.“ Shandong Guochuang will solche großen Werkzeugmaschinen bei Schiess unter anderem für das eigene Haus bauen, um damit Komponenten für die größten Windenergieanlagen der Welt herzustellen.

Viel Erfahrung mit internationalen Playern

Aufgrund der internationalen Erfahrung mit Kunden wie Siemens Dänemark, Siemens USA, Siemens Deutschland, Hitachi, Vestas, aber auch Envision und Goldwind ist bei Shandong Guochuang umfangreiches Know-how mit ausländischen Partnern vorhanden. Durch zahlreiche Businesstrips zu europäischen Maschinenbauern in den vergangenen Jahren sind im Konzern auch die europäischen und internationalen Gepflogenheiten im Geschäftsleben bekannt. „Die interkulturelle Zusammenarbeit beschränkte sich aber nur auf die Gestaltung von Rechtsgeschäften wie die Übernahme oder Neugründung von GmbHs sowie die Bewertung von Assets und Vermögensgegenständen“, berichtet Dr. Minkner. Bei der Übernahme von Schiess als reinem Asset Deal wurden zunächst alle arbeitsrechtlichen Bedingungen geklärt, dann der Kaufpreis verhandelt und schließlich ein detaillierter Kaufvertrag formuliert. „Die kompetente Zusammenarbeit des engagierten Insolvenzverwalters mit den beteiligten Geschäftspartnern hat dazu beigetragen, dass trotz des späten Einstiegs von Shandong Guochuang ein sehr einvernehmlicher Vertrag zustande kam“, freut sich Xianguo Fan.

Porträt Dr. Ulrich Minkner
Dr. Ulrich Minkner, Quality Director bei Guochang Wind Power seit 2015 und in der Produktion bei Schiess Werkzeugmaschinenfabrik GmbH.

Standort Aschersleben bleibt erhalten

Für Schiess bedeutet die Übernahme durch Shandong Guochuang, dass die Zerschlagung der Betriebsstätte am Standort Aschersleben verhindert werden konnte und die traditionsreiche Maschinenbaukompetenz erhalten bleibt. „Der Fortbestand des Betriebs wird durch den Bau von Werkzeugmaschinen mit Einkaufsvolumina von rund 5 Mio. EUR zwischen 80 bis 100 Arbeitsplätze im Harzvorland sichern“, sagt Geschäftsführer Ma. Die Rettung des Standorts in Ostdeutschland bedeutet zudem, dass das Konzept der Lohn-Fertigung, Fertigung, Montage, Konstruktion und Servicekompetenz in einer Einheit fortgesetzt wird.

Weitere innovative Projekte

Im Zentrum der Zusammenarbeit sollen künftig die Werkzeugmaschinen vom Typ Gantry stehen, mit denen Shandong Guochuang besonders große Gusskomponenten für Windkraftanlagen herstellen kann. „Wegen ihrer Größe und dem besonderen Know-how können sie auch für andere internationale Kunden attraktiv sein“, berichtet Dr. Minkner. Gemeinsam soll in Zukunft auch die Produktion von Bohrwerken durchgeführt werden. „Außerdem werden die kleineren Bearbeitungszentren vom Typ Ascarapid weiterentwickelt“, weiß er. Für Guochuangs Kunden befinden sich zudem jeweils Maschinen zur Bearbeitung von Nuklearkomponenten und von Turbinentechnik in Planung. Nicht zuletzt sollen Synergien und Know-how-Gewinn zwischen beiden mittelständischen Unternehmen auf diesen Gebieten erfolgen:

  • Herstellung von handwerklich anspruchsvollem Handformguss,
  • Montage- und Inbetriebnahme,
  • Arbeit mit Bestandskunden sowie
  • Elektronik, Software und Maschinenprogrammierung.
Schiess Werkzeugmaschinenfabrik Retrofit
Retrofit von Anlagen in der Schiess Werkzeugmaschinenfabrik GmbH

 Ausblick

Auch dieser Fall zeigt, dass deutsche Maschinenbauer selbst bei schwierigen Sanierungen nach wie vor mit chinesischen Investoren rechnen können. Durch die Übernahme erhält das traditionsreiche Unternehmen in den nächsten Jahren genügend Aufträge, um seinen Hauptsitz und bis zu 100 Arbeitsplätze zu erhalten. Shandong Guochuang beschert der Deal indes ein eigenes Produktionswerk für Werkzeugmaschinen, die Teile für riesige Windenergieanlagen herstellen können. Das ist jedoch keine Garantie dafür, dass die Rettung dauerhaft sein wird. Das Beispiel zeigt nämlich auch, dass die Ansprüche der Chinesen mit den eigenen Erfolgen steigen: Sowohl bei der Technologie als auch bei den Kosten werden immer höhere Maßstäbe gesetzt. Nur wenn Schiess Werkzeugmaschinenfabrik GmbH diese erfüllen kann und will, wird sich das Investment auch für Shandong Guochuang lohnen.

Der chinesische Anleihenmarkt bleibt ein sicherer Hafen

Der chinesische Anleihenmarkt bleibt ein sicherer Hafen
Quelle: Adobe Stock; © iQoncept

Die schnelle und dynamische Erholung der chinesischen Wirtschaft, eine rege Emissionstätigkeit und der überraschend starke Euro haben bei Renminbi-Bonds zuletzt für bisher ungewohnte Turbulenzen gesorgt. Doch damit habe der chinesische Anleihenmarkt keinesfalls seinen bisherigen Status als „sicherer Hafen“ verloren, erklärt Monica Wang, Senior Portfolio Manager bei Eurizon SLJ Capital, im Interview.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage in China ein?

Monica Wang: Glücklicherweise sind die Zahlen zu Neuinfektionen, Erkrankungen insgesamt und zur Sterblichkeitsrate derzeit extrem niedrig. Das bietet der Volksrepublik die große Chance, dass sich ihre Wirtschaft noch vor denen anderer Staaten erholt. Zurzeit dürfte die Wirtschaftsaktivität in den meisten Sektoren wieder bei 85 bis 90 Prozent des Vorjahresniveaus liegen. Ausgangspunkt für die Erholungsbewegung war das verarbeitende Gewerbe. Hinzu kam in einer zweiten Phase der Dienstleistungssektor, für den es besonders im Mai kräftig nach oben ging. Grund ist, dass ein Großteil der Quarantäne-Beschränkungen gelockert worden war. Die Menschen begannen wieder, zu reisen oder Restaurants zu besuchen. Dass wieder Geld ausgegeben wurde, hat diese Erholung sicherlich massiv unterstützt.

Wie sehen Sie die Chancen für die ursprünglich erhoffte v-förmige Erholung?

Der Verlauf der erwarteten Erholung ist schon mit vielen Buchstaben beschrieben worden. Als das Virus noch auf China begrenzt war, sprach man zunächst von einer v-förmigen Erholung. Ein starker Einbruch gefolgt von einer unmittelbaren und ebenso starken Erholung.
Dann folgte aber die Ausbreitung von COVID-19 auf Europa und die USA. Jetzt schien eine eher w-förmige Entwicklung plausibler. Besonders befürchtet wurde dabei eine mögliche zweite Infektionswelle durch nach China einreisende Menschen. Da die Regierung aber so ziemlich alle Einreisenden für 14 bis 21 Tage in von ihr beaufsichtigten Hotels unter Quarantäne gestellt hat, halte ich die Gefahr einer zweiten Welle derzeit für sehr, sehr gering. Deshalb erscheint uns das v-förmige Szenario weiterhin als am wahrscheinlichsten.

Wie bewerten Sie das Konjunkturprogramm der chinesischen Regierung?

Die Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Bewältigung der COVID-19-Krise haben einen Umfang von etwa sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist deutlich weniger als das Volumen der Maßnahmen in der großen Finanzkrise 2009. Die beschlossenen Pakete sind zwar sicher hilfreich, reichen aber wohl nur zu einer v-förmigen Erholung. Für einen Anstieg der Wirtschaftsaktivität über das Vorkrisenniveau hinaus genügen sie nicht.

Was muss die chinesische Regierung jetzt tun, um die Erholung zu sichern?

Sie muss sich noch stärker auf die Ankurbelung des privaten Konsums konzentrieren. In dieser Hinsicht hat sie aber bereits viele sinnvolle Maßnahmen ergriffen, die Chinas Wirtschaft seit dem zweiten Quartal stützen. Beispielsweise wurden Gutscheine für private Einkäufe in Supermärkten verteilt. Hinzu kommen von der Regierung organisierte Festivals in Großstädten wie Schanghai. Sie habe den Menschen ermöglicht, wieder das Nachtleben zu genießen. Restaurants und Supermärkte durften 24 Stunden lang öffnen. Sogar die Straßenläden, die in den vergangenen Jahrzehnten wegen der Störung des Straßenbilds und zugunsten des stationären Einzelhandels mehr oder weniger verboten worden waren, sind unter dem Druck der steigenden Arbeitslosenzahlen wieder zugelassen worden.

Welche Risiken sehen sie jetzt für die weitere Erholung über Vorkrisenniveau hinaus?

Nach einer Erholung der Wirtschaft auf das Vorkrisenniveau stehen aus meiner Sicht eine Reihe von Fragezeichen hinter einem weiteren Anstieg der ökonomischen Aktivität. Erstens kommt es auf die Entwicklung des Exports an, wobei die entsprechenden Daten zuletzt besser waren als befürchtet. Unter anderem die steigende Ausfuhr medizinischer Güter hat sich positiv ausgewirkt. Für die Zukunft ist aber weiterhin fraglich, ob sich die in Übersee beschlossenen Lockdown-Maßnahmen und die resultierende Wirtschaftsschwäche nicht doch stärker auf den chinesischen Exportsektor auswirken werden.

Die zweite Unsicherheit ist die Entwicklung der Immobilienwirtschaft im dritten und vierten Quartal. Sie ist einer der wichtigsten Wirtschaftsbereiche in China. Es stellt sich die Frage, ob die bisherige Erholung nur die Auflösung des Nachfragestaus aus den Monaten Februar oder März widerspiegelt, oder ob wir es sich tatsächlich um den Beginn einer nachhaltigen Entwicklung handelt. Weiterhin stehen auch Fragezeichen hinter der chinesischen Binnennachfrage. Sie könnte nach der ersten Erholungswelle möglicherweise nicht besonders hoch ausfallen.

Welche Auswirkungen werden die steigenden Spannungen zwischen den USA und China haben?

Wir beobachten weltweit, dass die von COVID-19 verursachten wirtschaftlichen Verwerfungen zu politischen Spannungen werden. Gleichzeitig lässt sich der interne Stress in dieser Situation auch leicht in externe Konflikte umwandeln. Hinzu kommt das neue „Sicherheitsgesetz“ für Hongkong, dessen Einführung die bisherigen Spannungen von einem Interessenskonflikt um Informationstechnologie jetzt auf das Niveau einer politischen Auseinandersetzung verschärft hat. Für China ist diese Eskalation ungünstig. Daher hat Peking seinen Willen bekräftigt, ein Phase-1-Handelsabkommen zu erzielen. Zusätzlich hat die Regierung die größte Insel Chinas, Hainan, zu einer Freihandelszone ernannt. Damit verbindet sie die Hoffnung, dass dort dank der steigenden Wettbewerbsfähigkeit in den kommenden zehn oder zwanzig Jahren eine Art neues Hongkong innerhalb der Volksrepublik entstehen wird.

Poggenpohl geht an Jomoo Group

Poggenpohl geht an Jomoo Group
Quelle: Adobe Stock; © Tupungato

Der Traditions-Küchenhersteller Poggenpohl aus Herford geriet durch die Corona-Krise in finanzielle Schieflage und war im April gezwungen, Insolvenz anzumelden. Hauptgrund war der massive Auftragsrückgang, der das 130 Jahre alte Unternehmen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt während eines bereits laufenden Firmenumbaus traf.
Zuerst hatte Poggenpohl den britischen Premiumküchen-Anbieter Lux Group und die Unternehmerfamilie Wolf aus Deutschland als Käufer vorgestellt. Nachdem dieser Deal sich aber kurz vor Abschluss zerschlagen hatte, wird Poggenpohl jetzt an den Sanitärarmaturen-Hersteller Jomoo Group gehen. Poggenpohl-Insolvenzverwalter Manuel Sack von der bundesweit tätigen Kanzlei Brinkmann & Partner hat weder zum Scheitern der Verhandlungen mit der Lux Group noch dem finalen Kaufpreis Angaben gemacht. Stand heute ist die Übernahme noch nicht finalisiert, da es aufschiebende Bedingungen zu erfüllen gibt. Mit einer Umsetzung wird aber im Laufe des Sommers gerechnet.

Die inhabergeführte Jomoo Group aus dem südchinesischen Xiamen ist seit 1990 am Markt. Seit 1993 stellt sie Sanitärarmaturen wie Wasserhähne und Duschköpfe her. Später kamen die primär im asiatischen Raum verbreiteten „intelligenten“ Toiletten hinzu. Seit 2008 werden zusätzlich Badmöbel angeboten, 2011 folgten Küchenschränke und eine eigene Reihe von Küchenarmaturen.

Hieraus ergibt sich auch die Überschneidung mit dem Geschäftsfeld von Poggenpohl. Denn der chinesische Marktführer war nach eigenem Bekunden bereits seit längerem auf der Suche nach einem Küchenhersteller im Premiumbereich. Lin Xiaowei, Geschäftsführer von Jomoo Deutschland erklärte, dass es Teil der Strategie der Jomoo Group sei, das Spitzen- und Premiumsegment abzudecken, weshalb Poggenpohl sehr gut in die Zukunftspläne der chinesischen Gruppe passe.
Die neuen Eigentümer haben sich bereits zum Standort Herford, wo Poggenpohl seit 1897 produziert, bekannt und werden einen Großteil der zuletzt noch 270 Mitarbeiter übernehmen.

Poggenpohl blickt optimistisch in die Zukunft

Bei Poggenpohl hat man bereits Erfahrung hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Chinesen. Erst im vergangenen Jahr hatte man mit dem chinesischen Möbelhändler Red Star Macalline Group ein Joint Venture ins Leben gerufen, um in den asiatischen Markt vorzustoßen. Poggenpohl-Geschäftsführer Gernot Mang schmiedet denn auch schon Pläne für die gemeinsame Zukunft mit der Jomoo Group.
Denn durch die Übernahme erhalte Poggenpohl Zugang zu neuen internationalen Geschäftsfeldern wie dem Projektgeschäft. So werde es mit den neuen Eigentümern möglich sein, Sanitärbereiche und Küchen aus einer Hand anzubieten. Poggenpohl werde noch weiter in das Küchen-Luxussegment investieren und die Küchenproduktion in Herford wird erhöht. Mang selbst bleibt auch nach der Übernahme von Poggenpohl durch die Jomoo Group als Geschäftsführer im Unternehmen.

Thyssenkrupp veräußert E-Mobilitätssparte

Thyssenkrupp veräußert E-Mobilitätssparte
Quelle: Adobe Stock, © eyewave

JHEECO ist eine 100%ige Tochtergesellschaft des chinesischen Automobilzulieferers Wonder Auto Group und einer der führenden Hersteller von elektronischen Produkten für die Automobilindustrie, insbesondere im Bereich Lichtmaschinen und Anlasser. In diesem Segment ist das im Jahr 1996 gegründete Unternehmen inzwischen Marktführer in China. Jetzt hat das Unternehmen die E-Mobilitätssparte der Thyssenkrupp AG übernommen.

Das „Competence Center e-Mobility“ hatte Thyssenkrupp vor einigen Jahren ins Leben gerufen. Ziel war es insbesondere, die eigene Kompetenz im Bereich Elektromobilität zu stärken und die steigende Nachfrage der Kunden aus dem Automobilbereich befriedigen zu können. Sitz des Unternehmens ist Liechtenstein und es umfasst hauptsächlich Forschungs- und Entwicklungsstützpunkte in Liechtenstein und Ungarn. Die wesentlichen gewerblichen Schutzrechte verblieben aber stets bei der deutschen Konzernmutter.

Diese hat Thyssenkrupp, im Zuge eines Asset Deals, mit der E-Mobilitätssparte an JHEECO veräußert.  Die entsprechenden Assets wurden ebenso wie Patentrechte und weiteres geistiges Eigentum aus der Thyssenkrupp AG ausgegliedert. Danach wurden sie in eine in der Schweiz neugegründete Unternehmung überführt, die zu 100% im Besitz von JHEECO ist. Für die Belegschaft wird sich durch den Wechsel in der Eigentümerstruktur wenig ändern. Hinsichtlich der Höhe des Deals üben sich die Partner bislang in Stillschweigen. Der Vertrag wurde bereits im Januar dieses Jahres unterzeichnet. Allerdings hat sich der Abschluss der Transaktion durch den Ausbruch der Corona-Pandemie deutlich verzögert. Begleitet hat die Transaktion u.a. von die internationale Kanzlei King & Wood Mallesons (KWM), deren Frankfurter Team die Chinesen bei der Übernahme beriet.

Die chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region

Chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region
Quelle: Adobe Stock; © hjschneider

Das Investitionsvolumen chinesischer Investoren für Beteiligungen und Übernahmen in Deutschland (fast 19 Mrd. Euro 2000–2016), Österreich und der Schweiz erlebte in den vergangenen Jahren und insbesondere 2015–2016 einen Höhepunkt. Analysiert man die in der DACH-Region eingesetzten chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien, zeigen sich mehrere distinkte Ansätze. Diese wiederum hängen wiederum von den Zielen der Investoren ab, weshalb sich die Investments in drei Gruppen fassen lassen.

Gruppe 1

Sie besteht aus großen chinesische Konzernen und Konglomeraten, die sich zur Vertiefung oder Verbreiterung ihrer Aktivitäten an DACH-Unternehmen beteiligen: dazu zählen ChemChinas Übernahme der schweizer Syngenta AG in der Schweiz (ca. 40 Mrd. EUR) und KraussMaffei in Deutschland (925 Mio. EUR). Weitere Beispiele sind Fosuns Beteiligung an der FFT Produktionssysteme aus Fulda (Kaufpreis nicht öffentlich) und die chinesische HNA-Gruppe. Sie wurde mit ihrer aggressiven und mittlerweile gescheiterten Expansionsstrategie in der weiteren Luftfahrtbranche mit den Akquisitionen von Swissport, Gate Group und Dufry einem weiteren Publikum bekannt.

Gruppe 2

Zu ihr zählen chinesische Unternehmen, die sich an deutschen Unternehmen aufgrund konkreter Produkte und Technologien oder ihrem Zugang zum deutschen beziehungsweise europäischen Markt beteiligen: hierzu gehört die Übernahme der Kuka AG durch Midea (4,5 Mrd. EUR) in Deutschland. Ebenso der Einsteig der Wanda Group beim schweizer Sportrechte-Unternehmen Infront Sports & Media (1 Mrd. EUR) sowie die Beteiligung eines Konsortiums chinesischer Investoren an der ehemaligen Osram-Tochter Ledvance (500 Mio. EUR).

Gruppe 3

In diese Gruppe fallen chinesische Investoren, welche sich gezielt an Infrastruktur-, infrastrukturnahen oder infrastrukturähnlichen Unternehmen beteiligen: Zu dieser Kategorie gehören unter anderem die Übernahme des Offshore-Windparks Meerwind (Kaufpreis nicht veröffentlicht) durch den weltweit größten Wasserkraftproduzenten Three Gorges Corporation, der Erwerb der ehemaligen E.ON-Tochter EEW Energy from Waste durch die chinesische Holding Beijing Enterprises (1,4 Mrd. EUR) und die Beteiligung der CK Hutchison Holdings am Energiedienstleister Ista (4,5 Mrd. EUR).

Wie wir sehen lagen den jeweiligen Akquisitionen und Beteiligungen chinesischer Investoren unterschiedliche Motivationen und Ziele zugrunde. Dementsprechend vielfältig sind die chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region.

Wesentliche Finanzierungsoptionen und -strukturen

Die Einzelheiten der Finanzierungen sind zwar teilweise aus Vertraulichkeitsgründen nicht öffentlich verfügbar, aber aus der Erfahrung kann man die chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region in die folgenden vier Typen einteilen, die auch in Zukunft eine hohe Bedeutung haben werden:

Equity Finance: Beteiligungen mit Akquisitionsfinanzierung des Eigenkapital-Investments auf Ebene des chinesischen Investors

Höhe und Struktur des eingesetzten Eigenkapitals sind oft repräsentativ für das nachhaltige strategische Interesse eines Investors. Die bereits erwähnte HNA-Gruppe beispielsweise hat einige ihrer Eigenkapital-Investments mit komplexen „Margin Loan“– beziehungsweise Derivatestrukturen zusätzlich und in erheblichem Masse ge-leveraged. Diese Art von riskanten und teilweise intransparenten Eigenkapitalfinanzierungen kann den strategischen Ansatz eines Investors erheblich unterminieren.

Ebenfalls möglich, aber weniger aggressiv, sind kurzfristige „Brückenfinanzierungen“, welche das Eigenkapitalinvestment des Investors unterstützen und zu einem späteren Zeitpunkt durch eine langfristige Anschlussfinanzierung, zum Beispiel im Rahmen einer Kapitalerhöhung, refinanziert werden. Häufig werden derartige Brückenfinanzierungen zumindest teilweise durch chinesische Banken unterstützt, da diese oft lange und enge Geschäftsbeziehungen zum chinesischen Investor unterhalten.

Corporate Style Finance: Beteiligungen ohne umfangreiche Akquisitionsfinanzierung aber erforderlicher Refinanzierung der bestehenden Finanzierungen auf Ebene des Unternehmens

Eine Beteiligung an oder auch die Übernahme eines Unternehmens durch einen chinesischen Investor erfordert häufig eine Anpassung oder Refinanzierung dessen bestehender Finanzierung. Der Grund können übliche „Change of Control“-Klauseln sein, oder auch um die Banken- und Finanzierungsstrategie des Unternehmen auf ein nachhaltigeres Fundament zu setzen. Hierbei werden beispielsweise einzelne kurzfristige bilaterale Kreditlinien durch einen syndizierten Kredit ersetzt, der möglicherweise auch einen erhöhten Spielraum für Investitionen des Unternehmens aber gegebenenfalls auch Dividenden vorsieht. Für die erwähnte Übernahme der KraussMaffei durch ChemChina haben beispielsweise Natixis und UniCredit einen neuen Kreditrahmen von ca. 500 Mio EUR arrangiert.

Leveraged Finance: Beteiligungen mit Akquisitionsfinanzierung auf Ebene des Unternehmens

Hier werden Teile des Kaufpreises über Kredite finanziert, welches das zu erwerbende Unternehmen, nach einem entsprechenden „Debt Pushdown“, aus seinem laufenden Cash Flow mit Zins und Tilgung bedient. Der Verschuldungsgrad, den das Unternehmen zu bedienen hat, kann unterschiedlich hoch sein. Wanda bediente sich bei der Akquisition von Infront Sports & Media einer ca. 450 Mio EUR-Finanzierungslinie, welche durch UBS und UniCredit bereitgestellt und anschließend mit moderatem Verschuldungsgrad an andere Banken syndiziert wurde. Diese Art von Akquisitionsfinanzierungen sind oft auch bei Infrastrukturtransaktionen anzutreffen.

HNA hingegen hat in 2015 seine Akquisition der Swissport für ca. 2.5 Mrd. EUR mit mindestens 1.5 Mrd. EUR an Krediten finanziert und diese anschließend teilweise über nachrangige Anleihen refinanziert. Das Unternehmensrating von Swissport lag schon zum Zeitpunkt der HNA-Übernahme bei einem für einen Luftfahrtdienstleister sehr schwachen B3 von Moodys. Vor kurzem hat die Ratingautor es weiter auf Caa2 herabgestuft. Grund sind Presseberichte, wonach das Unternehmen derzeit um Liquidität kämpft.

Großvolumige Beteiligungen bzw Übernahmen mit komplexer mehrstufiger Akquisitionsfinanzierung

Das prominenteste Beispiel hierfür ist sicherlich die sehr große Akquisitionsfinanzierung von ChemChina für die Übernahme der Syngenta AG. Sie umfasste, zusätzlich zu den bestehenden Krediten und Anleihen der Syngenta AG, eine ca. 20 Mrd. EUR-schwere Akquisitionsfinanzierung, die eine Unternehmensebene über der Syngenta AG angesiedelt war. Hinzu kam eine zusätzliche ca. 5 Mrd. EUR-Brückenfinanzierung für den teilweisen Eigenkapitaleinschuss, welche noch mal strukturell nachrangig zur Akquisitionsfinanzierung war. Beide Finanzierungen wurden von einer Gruppe internationaler und chinesischer Banken dargestellt. Die Akquisitionsfinanzierung wurde in den Folgejahren am Anleihemarkt vollständig refinanziert.

Ausblick

Insbesondere bei der derzeit wirtschaftlich und teilweise auch politisch angespannten Lage sowie vorsichtigeren und auf jeden Fall volatileren Finanzierungsmärkten sollten chinesische Investoren Akquisitionsfinanzierungen sehr gut vorbereiten. Das gilt sowohl für den Angang als auch die spätere Durchführung mit idealerweise mehreren Finanzierungsoptionen, um mögliche Abhängigkeiten zu reduzieren. Dies kann dann auch in entscheidenden Situationen einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen möglichen Bietern und Erwerbern sichern.

In der Vergangenheit waren aggressivere Finanzierungen mit einem schwachen Kreditprofil, hohem Verschuldungsgrad und einer eher intransparenten oder opportunistischen Investitionsstrategie sowie einer hohen Abhängigkeit von Banken teilweise darstellbar. Dies wird in absehbarer Zukunft aber nur sehr begrenzt und wenn dann nur mit hohen Gebühren und Zinsmargen möglich sein. Dementsprechend müssen die chinesischen M&A-Finanzierungsstrategien in der DACH-Region angepasst werden.

Trotz der erschwerten Marktbedingungen weiterhin sehr gut finanzierbar sind beispielsweise Finanzierungen mit einem guten Kreditprofil, moderatem Verschuldungsgrad, einer nachvollziehbaren Investmentstrategie und idealerweise der Möglichkeit neben einer klassischen Bankenfinanzierung gegebenenfalls auch den Kapitalmarkt und zusätzliche Finanzierungsprodukte oder Investorenklassen anzusprechen.

Auf jeden Fall sollte die Finanzierungsstrategie frühzeitig und sehr eng mit der Investmentstrategie sowie dem generellen M&A-Prozess abgestimmt sein, nicht zuletzt auch um Verkäufer und auch das Ziel-Unternehmen mit einem ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz zu überzeugen.